Willkommen!

Sehr geehrter Besucher, sehr verehrte Besucherin, liebe Brüder und Schwestern,

als Distriktmeister heiße ich Sie und Euch herzlich willkommen auf der Webseite des Distriktes Niedersachsen und Sachsen-Anhalt der Freimaurergroßloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (kurz: A.F.u.A.M.v.D.).

Dr. Alexander Trettin
Dr. Alexander Trettin

Mir wird häufig die Frage gestellt, was ich unter Freimaurerei verstehe. Für mich ist das höchste Ideal der Freimaurerei eine von Humanität erfüllte Kultur. Hierzu bedarf es meines Erachtens einer gründlichen Aufklärung, damit dem Verstand über gefühlsmäßige Verbundenheit zum Recht verholfen wird. Die Befreiung von Vorurteilen hilft dabei, die eigene Vernunft zur Entfaltung zu bringen. Dabei hilt mir der Bund der Freimaurer.

Als Freimaurer trete ich für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit unter allen Menschen ein. Die Achtung der Menschenwürde ist daher für mich als Freimaurer unteilbar.

Falls Sie noch kein/e Freimaurer/in sind, aber Interesse an weiteren Informationen haben: unsere Mitgliedslogen führen regelmäßig öffentliche Veranstaltungen und Gästeabende durch, damit Sie die Freimaurerei kennenlernen können. Gerne stelle ich Ihnen den Kontakt zu einzelnen Logen – beziehungsweise für Frauen entsprechend zur femininen Freimaurerei – her.

Mit herzlichen Grüßen
(Dr.) Alexander Trettin
Distriktmeister NI/ST

Wage zu denken!

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
Vom Wesen des Menschen, das seine Autonomie darstellt

Immanuel Kant formulierte in seinen „Vorlesungen über Logik“, das Feld der Philosophie zeichne vier Fragen aus (die ersten drei formuliert er auch in der „Kritik der reinen Vernunft“): „1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich thun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch?“ Mit der vierten Frage ist die Frage nach dem Kern des Menschseins, dem Wesentlichen am und im Menschen, gestellt. Das althochdeutsche „wesan“ war der Begriff für das Beständige; das Wesen kennzeichnet sich in diesem Verständnis somit im Kontrast zu dem aus, das sich (ver-) ändert. Es ist die (lateinische) „essentia“, das Identisch-Bleibende. Dieses Verständnis vom Wesen an sich wurde wiederholt reflektiert, kritisiert und modifiziert, z. B. postmodern als metaphysisch abgelehnt oder von Max Weber im Verständnis vom Wesen als Bedeutung oder Sinn, nicht aber als Kern, weiterentwickelt worden.

Mir will die Fähigkeit zur Autonomie gleichermaßen gültig erscheinen, das Wesen des Menschen zu beschreiben – sowohl als Kern wie auch als Sinn zugleich. Kant nennt dies 1784 in seinem Aufsatz „Was ist Aufklärung?“ den Ausgang der Aufklärung: Wage zu denken – sapere aude! – verlangt Kant. Der sich so selbst „aufklärende“ Mensch hebt sich aus der Dunkelheit seiner durch religiöse Dogmen und obrigkeitsstaatliche Bevormundung geprägten Vergangenheit ins neue Licht des Wissens um seine Freiheit (des Geistes und der Tat) und Potentialität (seine Ressourcen und sein Können) – sein ICH. Ihm geht insofern ein Licht auf (im Französischen werden die Aufklärer, z. B. Denis Diderot oder Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, als „Les Lumières“ im Zeitalter des aufgehenden Lichts, dem Siècle des Lumières, bezeichnet). In diesem Licht erkennt sich der Menschen selbst, und er lernt, dass er im Schein dieses Lichts an sich selbst arbeiten kann (und dazu auch ausdrücklich berufen – aufgefordert! – ist). Dieser Mensch befreit – emanzipiert – sich von der Bevormundung durch Andere, er wird damit im Bewusstsein seiner selbst mündig, er wird zur Autonomie fähig, er befähigt sich selbst (in der modernen Sozialen Arbeit hat sich der Begriff des Empowerments durchgesetzt, der – im Kern – nichts anderes bedeutet als die Selbstermächtigung zur Autonomie).

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit … Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

Immanuel Kant: „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ In: Berlinische Monatsschrift, Dezember 1784, S. 481-494

Darin steckt die Aufforderung zur Tat: der mündige Menschen sieht nicht nur die (religiösen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen) Verhältnisse, die Menschen unmündig machen – Dogmen, bevormundende Regeln –, er ist aufgefordert (und herausgefordert), diese Verhältnisse auch zu (ver-) ändern. Damit steht eine Vernunft (und folglich auch eine vernunftgeprägte Moral) im Zentrum, zu der der Mensch fähig ist und zu der er aufgefordert ist, sie in seinem praktischen Handeln anzuwenden; dies entspricht einer, im Kant’schen Sprachgebrauch, „Pflicht gegen sich selbst“, dass der Mensch durch die Vernunft geprägt handeln möge.. Seine Autonomie, seine Emanzipation ist nichts Innerliches, vielmehr zwingt sie ihn zum Handeln – auch schon, weil im Wort der Autonomie zugleich neue Bevormundungen und Abhängigkeiten begründet werden.

Interessanterweise ist zwar die Einladung zur Autonomie, die der Aufklärer Kant aussprach, viel zitiert, doch als Programm oft genug anti-aufklärerisch, d. h. für bestimmte Interessen, entfaltet worden. Die Autonomie der wirtschaftsliberalen Perspektive (wie sie z. B. durch die Gralshüter dieser Lehre, Friedrich A. von Hajek und Milton Friedman, formuliert wird) ist etwas grundlegend anderes als die Autonomie des Proletariats (für die Karl Marx und Friedrich Engels als „Gründerväter“ stehen). Dies mag so angehen, doch an anderer Stelle wird mit dem Wort von der Autonomie der Akt der Selbstunterwerfung (insoweit „entfreienden“ Autonomie) unter fremde Vorstellungen (z. B. in der Praxis weltabgewandter religiöser Szenen und Kulte) formuliert. „Autonomie“ wird in diesem Sinne instrumentalisiert und ideologisiert, sie wird nun zum Kern bzw. Sinn eines (autoritativ) behaupteten Menschseins.

Dagegen steht die Idee der Freiheit zum Selbst, und als junger spekulativer Maurer (durch Corona verzögert nach langem Suchen aufgenommen erst zum Ausgang des September 2021) arbeite ich nun in einem anderen Zusammenhang an dieser Freiheit. Bislang bedeutet für mich, autonom zu sein, mich beruflich zu entfalten und gegenüber anderen (mit aller Macht) durchzusetzen. Die neue Arbeit hingegen, so mein Eindruck, beginnt mich allmählich, freilich langsam, zu entheben von den alltäglichen Fallstricken der Dogmen und der faktischen Bevormundung, die ich – früher als Leiter in einem Jugendamt, seit 13 Jahren als Hochschullehrer – einerseits praktiziere, wenn ich heute z. B. mit Studenten und Studentinnen umgehe (denen ich beispielsweise wenig „empowernde“ Vorgaben mache, deren Leistung ich nicht selten „von oben herab“ kritisiere, die ich zur Überarbeitung ihrer Arbeitsergebnisse zwinge und darin oft auch ungerecht bin, weil ich mich nicht frei davon mache, verschiedenerlei Maß anzuwenden). Andererseits erfahre ich alltäglich die Dogmen, Bevormundungen und Abhängigkeiten im akademischen „Haifischbecken“, das in der Regel (sic!) auch nur durch Besserwisserei, Hybris, „kollegiale“ Zurück- und Zurechtweisung, bloße Banalität und Platitüde im Sprachgebrauch, begriffliche Schaumschlägerei, Abgrenzung im Gerangel um den Platz an der universitären Sonne gekennzeichnet ist – und jedenfalls kein Hort der „reinen“ Wissenschaft und des Erkenntnisgewinns darstellt.

„Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie allgemeines Gesetz werde“, lautet eine von mehreren Varianten dessen, was Immanuel Kant formuliert hat und wir als den „kategorischen Imperativ“ bezeichnen, den ich stattdessen als moralische Norm der Autonomie und damit als Kern und Sinn des menschlichen Wesens bezeichnen möchte.

In diesem Sinne zu arbeiten erweist sich als eine mühselige Arbeit (und wird als eine Erfahrung berichtet, die schon seit jeher jene sammeln, die sich diesem Imperativ verpflichtet fühlen). Das Wesentliche im Blick zu haben, heißt nun, an der selbstgewählten Unmündigkeit, die durch Trägheit und Sorge vor möglichen Konflikten entsteht, in einem stetigen Prozess zu arbeiten und dabei zugleich eine anspruchsvolle Moral zu praktizieren, die ihrem Wesen nach gegen den gesellschaftlichen „Mainstream“ des „Ich, ich, ich!“ und des (morallosen) Durchsetzen-um-jeden-Preis gerichtet ist. Freimaurer nennen dies, so ich es richtig verstehe, die Arbeit am rauhen Stein. Damit nicht genug: im Sinne der Norm der Autonomie zu handeln, bedeutet für mich zugleich, am Tempel der Humanität mitzuarbeiten, dessen „Steine“ die Menschen seien, habe ich erfahren – es sollen also autonome (zur Vernunft fähige Menschen (mit dem moralischen Gesetz in sich) sein! Darin scheint das Wesen des einen Menschen auf (der sein ICH vernunftbegabt erkennt) – in diesem Sinne handeln zu lernen ist für mich als Freimaurer Aufgabe und Chance zugleich.

Peter-Ulrich Wendt („Georg zu den drei Säulen“, Einbeck)